Immer wieder erreichen mich Fragen von Müttern, die unsicher sind, wenn sie nach der Geburt ihres Babys Sport machen wollen. Es hält sich leider hartnäckig ein Ammenmärchen das besagt, von Sport würde die Milch “wegbleiben” oder “sauer werden”. Und ja: wer sich im Training auf einen Marathon befindet oder bei Frauen, die sich auf die Aufnahmeprüfung für ein Sportstudium vorbereiten kann das unter Umständen tatsächlich passieren. Denn bei Leistungssport bildet sich Milchsäure im Blut, die dann auch in die Muttermilch übergehen und deren Geschmack verändern kann.
Der Körper braucht genügend Kalorien um Milch zu bilden und wer täglich sehr viel mehr Kalorien verbraucht, als er zu sich nimmt dem könnte es, unter Umständen, wirklich passieren, dass der Körper mit so viel Leistung überfordert ist.
Den meisten Müttern, die sich an mich wenden geht es aber eher darum, dass sie (wieder) anfangen wollen, moderat Sport zu machen: ein oder zwei Mal die Woche ins Fitnessstudio gehen, joggen oder einen Mannschaftssport wieder ausüben. Also nach der Geburt des Babys irgendwann wieder etwas für sich tun, vielleicht ein paar Schwangerschaftspfunde loswerden, den Körper straffen.
Ein kleiner Ausflug in die Menschheitsgeschichte: wir Menschen haben irgendwann vor ca. 10.000-20.000 Jahren angefangen, wirklich sesshaft zu werden und Nahrung anzubauen. Die rund 190.000 Jahre davor waren wir Nomaden, die ihrem Essen hinterher gezogen sind – Jäger und Sammler. In dieser Zeit haben wir täglich Strecken von mindestens 15 Kilometern zu Fuß zurück gelegt. Unser ganzer Körper ist, durch die Funktion des Schwitzens, darauf ausgelegt Beutetieren über so lange Strecken hinterher zu laufen, bis diese sich vor Erschöpfung (weil sie ständig in Bewegung bleiben müssen, wenn sie gejagt wurden und nicht schwitzen können) relativ leicht erlegen lassen. Nun nimmt man zwar an, dass dies eher die Aufgabe der Männer war, trotzdem haben auch Frauen – und eben auch stillende Frauen – sehr viel mehr “Sport getrieben” als das bei uns heute der Fall ist. Natürlich waren sie dementsprechend auch viel mehr im Training und das Pensum an Bewegung war für sie der Alltag.
Du solltest dich, wenn du (wieder) Sport machen möchtest, also ehrlich fragen: “Wie ist mein Fitnesslevel? Wieviel Sport habe ich vor/in der Schwangerschaft getrieben?” Und davon ausgehend, kannst du es dann langsam angehen lassen. Guck, was du schaffst, womit es dir gut geht. Von 0 auf 100 plötzlich jeden Tag 2 Stunden Sport zu machen ist normalerweise für niemanden der ideale Weg, egal ob Mann der Frau, stillend oder nicht. Wenn du gut auf das hörst, was dein Körper dir sagt, und du deine sportlichen Aktivitäten nach und nach ausbaust, so dass dein Körper die Gelegenheit hat, sich auf die neue, zusätzliche Anstrengnung einzustellen, wirst du keinerlei Probleme mit deiner Milchmenge bekommen!
Ganz im Gegenteil: du wirst dich vermutlich besser fühlen, weil du wieder etwas für dich und deinen Körper tust, beim joggen vielleicht mal wieder eine halbe Stunde Zeit für dich und deine Gedanken hast oder im Fitnessstudio neue Menschen kennenlernst, mit denen du dich auch mal über andere Themen als volle Windeln oder die Autonomiephase unterhalten kannst – auch wenn du dein Kind unglaublich liebst.
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