“Mein Sohn war ein absolutes Wunschkind. Die Schwangerschaft verlief unproblematisch. Drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin setzen die Wehen ein. Nachdem ich Stunden in der Badewanne verbracht hatte rief ich um drei Uhr morgens meine Hebamme an. Die Schmerzen waren sehr stark, doch sie beruhigte mich es seien nur Vorwehen. Sie gab mir ein Schmerzmittel und ich konnte etwas schlafen. Doch schon am Weg nach Hause waren die Schmerzen wieder da. Mit der gleichen Intensität. Aber ich wusste es sind nur Vorwehen, das haben andere Frauen auch schon ausgehalten, da muss ich jetzt durch. Am nächsten Tag rief ich völlig verzweifelt meinen Frauenarzt an. Ich hab es nicht mehr ausgehalten und er gab sein ok zur Einleitung. Vier Stunden später lag der Prinz auf meiner Brust und ich konnte kaum fassen wie weich seine Haut war.
Die Hebamme half mir beim Anlegen, er trank und schlief kurz darauf ein. Doch der Milcheinschuss ließ auf sich warten und der Kleine nahm immer mehr ab. Ich versuchte alles. Boxhornkleekapseln, Himbeersaft, trank literweise Stilltees. Auf Anraten der Kinderschwestern begann ich abzupumpen. Ich saß mit anderen Jungmüttern im Abpumpraum und schielte auf deren Flaschen. Wieviel Milch hatten sie? Mehr als ich? An das Gefühl der Hilflosigkeit kann ich mich noch genau erinnern. Stillen ist doch etwas natürliches, warum klappt es bei uns nicht? Was mache ich falsch? Dann endlich am vierten Tag kam die Milch. Doch das Anlegen klappte immer noch nicht. Es schien so als konnte mein Sohn das Vakuum nicht halten. Eine ausgebildete Stillberaterin des Krankenhauses nahm sich meiner an und erklärte mir dass er ein verkürztes Zungenbändchen hat und deshalb nie aus der Brust trinken wird können (eine von vielen Falschinformationen ). Ich pumpte also weiter.
Zeitgleich kamen die Schmerzen zurück. „ Ganz normal“ sagte ich mir, „du hast gerade ein Kind geboren, stell dich nicht so an!“. Nach einer Woche wurden wir aus dem Krankenhaus entlassen und noch am selben Tag wurde ich krank. Magen-Darm Grippe. Mir ging es elend. Einige Tage später überzeugte mich mein Mann den Notarzt zu rufen, das Fieber wollte einfach nicht runter. Am nächsten Tag lag ich schon am Operationstisch. Blinddarmdurchbruch, Bauchfellentzündung, Durchlöcherter Darm. Ich kam mir vor wie im falschen Film. Die Ärzte waren erstaunt, dass ich überhaupt noch aufrecht gehen konnte.
Ich erwachte auf der Intensivstation. Drei Schläuche aus meinem Bauch, einer aus meiner Nase.
Eine Intensivschwester half mir einige Stunden später beim Abpumpen. Sie erklärte mir, wie wichtig das Stillen für die Mutter Kind Bindung ist und dass ich ja nicht aufhören solle. Bedingt durch die starken Medikamente durfte mein Sohn die Milch aber nicht trinken. Also pumpte ich weiter und schüttete die Milch in den Abfluss. Anfangs pumpten OP Schwestern für mich, dann mein Mann zeitweise meine Mutter. Anfangs war es mir peinlich. Doch mit der Zeit wurde es mir egal. Zwei Wochen lang pumpte ich 4 mal am Tag. Für unseren Sohn rührte mein Mann Pre Milch an. Erst Wochen später erzählte mir mein Mann, dass alle Ärzte ihn dazu drängten mir das Abstillen anzuraten. Der Körper braucht jetzt alle Energie um gesund zu werden. Mein Mann lachte und meinte das müssten sie mir schon selber sagen. Vor der OP behaupteten sie sogar ich würde gar keine Milch mehr haben. Versteht mich nicht falsch, hätte ich das Gefühl gehabt ich schaffe es nicht mehr oder es schadet der Genesung, hätte ich sofort abgestillt. Ich wurde wieder gesund, verbrachte aber zwei Wochen mit einem 2 wöchigen Säugling im Familienzimmer.
Wieder zu Hause rief ich alle Stillberaterinnen in der Gegend an. Nach langem hin und her fand ich jemanden der spontan kommen konnte. Durch unseren schwierigen Start war ich sehr verunsichert aber schon am Telefon nahm sie mir die Angst und versicherte es würde schon gut klappen. Und sie hatte Recht. Mein Sohn dockte an als hätte er nie etwas anderes gemacht. Ich war überglücklich. Natürlich hatten wir unsere Startschwierigkeiten und ich pumpte noch vier Wochenweiter ab und gab ihm hinterher die abgepumpte Milch. Irgendwann stellte mein Mann fest, dass keine Milch mehr im Kühlschrank sei und mir fiel auf, dass wir schon einige Tage nur mehr stillten.
In wenigen Tagen wird er 8 Monate alt und ist unser ganzer Stolz. Flascherl und Schnuller lehnt er inzwischen komplett ab. Wir genießen die Intimität und Nähe des Stillens und ich bin froh, dass es geklappt hat. Ich trage eine 10 cm große Narbe am Bauch. Zuvor habe ich mich geschämt, sie als Makel betrachtet. Inzwischen bin ich stolz und liebe meine Männer umso mehr.”
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