Stillen Wichtige Informationen

(Kinder-)Ärzte lernen nichts über Stillen und Babynahrung

Ich weiß, der Titel ist provokativ – und trotzdem ist es wahr:

Medizinstudenten lernen in ihrem Studium nichts über das Stillen oder die altersgerechte, normale Ernährung von Babys und Kleinkindern! Nicht einmal Kinderärzte lernen dies in ihrer Facharzt-Ausbildung! Woher ich das weiß? Es gibt Weiterbildungsordnungen, die genaue Informationen darüber enthalten, was Teil der Facharztausbildung ist. Zu finden sind diese zum Beispiel hier oder hier. In keiner dieser Vorgaben steht auch nur annähernd etwas über das Stillen oder die Ernährung von gesunden Babys und Kindern! Trotzdem geben die allermeisten Kinderärzte – gefragt oder ungefragt – Informationen zum stillen, abstillen und der Ernährung von Babys heraus.

Wie kann das eigentlich sein? Und woher haben Sie ihr Wissen?

Ich hab die Theorie, dass Ärzte in ihrem Studium nichts über das Stillen lernen, mittlerweile (leider) erfolgreich mehrmals getestet, in dem ich einfach immer mal wieder angehende Mediziner in verschiedenen Stadien ihrer Ausbildung gefragt habe, was sie denn in ihrem Studium so über das Stillen lernen. Antwort: „Nichts, außer es wird pathologisch, also wenn zB eine Gedeihstörung vorliegt.“ Auf meine Nachfrage, was denn da so empfohlen wird, wenn dies der Fall ist, ist war die Antwort immer wieder: „Die Flasche geben. Lässt sich dann auch viel besser überprüfen.“

Entweder, sie verlassen sich also – wie so viele andere Menschen auch – auf das, was sie so hören, auch Allgemeinwissen genannt oder sie besuchen Fortbildungen zum Thema Säuglings- und Kinderernährung.

Diese Fortbildungen werden vor allem von Firmen veranstaltet,

die unter anderem davon leben, Muttermilchersatzprodukte zu verkaufen. Firmen, die zusätzlich davon leben, Fertigbreie, Gläschen, komplette Kinderfertigmahlzeiten und gezuckerte Tees zu verkaufen. Firmen, die auf ihre Fertignahrung „ab dem 4. Monat“ schreiben dürfen und die unglaublich davon profitieren, wenn sie Eltern schon ab dem 4. Monat – anstatt erst ab dem sechsten – Gläschen und Breie verkaufen können. Klingt unglaublich? Ist aber so! Hier und hier findet ihr Beispiele für diese Fortbildungen – nicht dass noch jemand behauptet, ich hätte mir das ausgedacht…

„Wie jetzt? Und solche gewinnorientierten Konzerne bringen dann Ärzte etwas über Ernährung bei? Und auch mein Kinderarzt ist unter Umständen von einer solchen Firma in Bezug auf Ernährung ausgebildet worden?“ fragt ihr euch jetzt vermutlich? Zu recht! Da die normale Ernährung eben kein Teil des Studiums bei Ärzten ist, aber man zumindest als Kinderarzt doch mal etwas darüber gehört haben sollte, besucht man eben die Fortbildungsveranstaltungen die angeboten werden. Und das sind kostenlos leider nur die von Konzernen, die sich aus Gewinngründen mit Babyernährung beschäftigen –  und nicht, weil sie Ärzte oder Eltern möglichst umfassend informieren wollen! Das muss mal so deutlich gesagt werden, denn mit 6 Monaten vollstillen und der babygeleiteten Beikosteinführung am Familientisch lässt sich nun mal absolut kein Geld verdienen.

Die Ernährungsfortbildung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die von einer IBCLC-Stillberaterin durchgeführt wird kostet zwischen 50€ und 125€ – und wer will die schon bezahlen, wenn die anderen Fortbildungen doch kostenlos sind?* (*Mir ist bewusst, dass ich mich mit dieser Vermutung auf dünnem Eis bewege. Wenn die Fortbildung der DGE allerdings tatsächilch von so vielen Medizinern besucht werden würde, wie es nötig wäre fragt man sich doch, vorher dann dieses ganze Nichtwissen zum Thema Stillen stammt…)

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt nach wie vor für die gesamte Welt 6 Monate vollzustillen

(oder Pre-Nahrung zu geben), dann langsam und unter dem Schutz der Muttermilch mit der Beikosteinführung zu beginnen und bis zum 2. Geburtstag (und darüber hinaus so lange Kind und Mutter es möchten!) mitzustillen.

Wie komisch, dass hier in Deutschland,wo Ärzte in Ernährungsfragen von Firmen weitergebildet werden*, die mit Babynahrung ihr Geld verdienen, diese so häufig empfehlen, schon ab dem 4. Monat mit der Beikost zu beginnen…

Übrigens gibt es auch keinerlei Begrenzungen was zum Beispiel den Zuckergehalt in Babynahrungsmitteln angeht. So sind in Fertigbreien und „Babykeksen“ gerne mal 30g Zucker pro 100g enthaltendie empfohlene Tagesdosis für einen Erwachsenen!

Wenn ihr auch an so einen Arzt mit den entsprechenden Ratschlägen geraten seid, könnt ihr euch hier kostenlos einen Brief herunterladen und euren Arzt so anonym auf den aktuellen Wissensstand zum Thema Stillen hinweisen.

P.S.: Es geht mir im übrigen nicht darum, sämtliche Kinderärzte schlecht zu machen sondern darum, euch Mamas zu informieren, damit ihr mit euren Ärzten in einen guten Dialog kommen könnt warum ihr zB lieber den WHO-Empfehlungen vertraut!

Ingrid Schossmann, Allgemeinmedizinerin: Leider kann ich das aus eigener Erfahrung aus Studium und Ausbildung nur bestätigen. Ich denke es gibt ein paar wenige KIÄ die sich an den richtigen Stellen fortbilden, der Rest ist nur besser wenn eigene Erfahrung mit Kindern und Stillen da ist.

Website Kommentare

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2 Comments

  • Reply
    Liste stillfreundlicher Ärzte - bedürfnis-orientiert.de
    11. Juni 2017 at 18:11

    […] Ihr könnt einem solchen Arzt jetzt auch, anonym, diesen Arztbrief zukommen lassen, als Hinweis, dass sich sein Wissen auf diesem Gebiet leider nicht auf der Höhe der Zeit bewegt. Warum das leider öfter vorkommt als man denken mag, könnt ihr in diesem Artikel nachlesen. […]

  • Reply
    Beikost einführen: Wann, wie und warum | Schwangerschaft, Baby, Kleinkind - Tipps für Eltern - Mamaclever.de
    30. Oktober 2017 at 10:36

    […] von den Herstellern von Babykost veranstaltet. Mehr Informationen zu diesem Thema hat Lena vom Bedürfnis-orientiert […]

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