Kommunikation

Bei bedürfnisorientierter Erziehung geht es um Respekt

 

Dank dem Natural Parents Network – einem Zusammenschluss internationaler englischsprechender Blogger, die über das weite Feld der bedürfnisorientierten Erziehung schreiben – kann ich euch nun zwei Mal pro Monat mit Artikeln von Menschen verwöhnen, die das Schreiben zu ihrem Beruf gemacht haben (allerdings werden sie von mir übersetzt 😉 ). Dieser Artikel stammt von Lauren und wurde im Original auf ihrem Blog Hobo Mama veröffentlicht.

Ich muss zugeben, dass ich etwas verwirrt bin wenn die Leute bedürfnisorientierte Erziehung angreifen wie es zuletzt in einigen Kommentaren nach der Veröffentlichung des letzten TIME-Magazine passiert ist. Für mich bedeutet bedürfnisorientierte Erziehung, meine Kinder mit Respekt zu behandeln – und was gibt es da anzugreifen?

Ich stille meine Kinder, weil ich es kann, weil ich mich dafür entschieden habe und weil es das Beste für meine Kinder ist. (Ich drücke das so aus weil manche Eltern nicht stillen können oder sich dafür entscheiden nicht zu stillen und es das ist, was für ihre Familien funktioniert.) Ich respektiere das Bedürfnis meines Babies nach  Ernährung und Nähe und gehe darauf ein, so gut es mir möglich ist. Ich werde weiter stillen so lange dies in unserem gegenseitigen Einvernehmen geschieht, weil ich das weiterhin bestehende Bedürfnis meines wachsenden Kindes nach Nahrung, Gesundheit und Bindung respektiere.

Ich reagiere auf das Weinen meiner Kinder, weil ich es respektiere, dass weinen ein Kommunikationsversuch ist. Besonders wenn sie älter werden kann ich nicht jederzeit sofort auf sie reagieren, oder jeden Schmerz, jedes unangenehme Gefühl nehmen aber ich kann versuchen für sie da zu sein und es mit ihnen durchzustehen. Meine Kinder nehmen mich nicht an die Leine; ich erkenne einfach meine Rolle als einer der Menschen an, mit denen sie ihre intensiven Gefühle teilen möchten.

Ich schlafe neben meinen Kindern, weil wir uns dafür entschieden haben, weil es für uns als Familie funktioniert und weil meine Kinder am besten in Gesellschaft schlafen. Ich kann das völlig verstehen, denn mir geht es genauso. Ich respektiere das Recht anderer Menschen, den Schlaf in ihrer Familie so zu arrangieren, wie es für sie am besten ist und ich respektiere das Bedürfnis meiner Kinder sich nachts sicher zu fühlen.

Ich trage meine Kinder mit mir herum, wenn ich kann, weil ich weiß, wenn man weniger als einen Meter groß ist kann man oft nicht viel sehen. Ich weiß, dass Babys dankbar für die Bewegung und die Wärme sind, die sie erfahren, wenn sie in die Arme ihrer Bezugspersonen gekuschelt sind und ich nutze Tragehilfen die mir Beweglichkeit ermöglichen und gleichzeitig die Sehnsucht meines Babies nach Nähe respektieren. Im Endeffekt ist es so einfacher für mich weil das Baby auf diese Art Anteil an allem nehmen kann und ich trotzdem meines Tagesablauf schaffe. Wenn meine Kinder älter werden, verlasse ich mich auf Umarmungen, Tobereien, Rücken kratzen, Haare wuscheln und Augenkontakt um unsere körperliche Verbindung aufrecht zu erhalten, weil wir alle niemals dem Bedürfnis nach liebevollen Berührungen entwachsen.

Ich praktiziere sanfte Disziplin weil ich es als meine Verantwortung als erwachsene Partei verstehe, mich meines Alters entsprechend zu verhalten und ich vermittele in jedem Konflikt den meine Kinder und ich mit einander oder mit anderen Menschen haben. Ich glaube, dass meine Kinder obwohl sie jung sind es wert sind, dass ihre Stimmen gehört und ihre Gefühle respektiert werden und das sie Hilfe brauchen um herauszufinden, was sie ihnen hilft. Ich bin keine magische, geduldige Heillige (ganz sicher nicht) aber Sam und ich versuchen ein Atmosphäre in unserer Familie zu schaffen in der all unsere Bedürfnisse mit in die Überlegungen einbezogen werden und in der Erwachsene nicht jede Auseinandersetzung gewinnen müssen nur weil wir es könnten, wenn wir wollten. Mir ist es lieber, dass jedes Mitglied unserer Familie sich gehört und respektiert fühlt, und meine Kinder als die unabhängigen, kreativen Denker aufwachsen die sie sind, als das ich augenblicklichen Gehorsam verlange, auf Kosten ihres Gefühls für ihren Selbstwert und der Bindung zu ihrem Vater und mir. Weil dieser Erziehungsstil das gesamte dominante Paradigma in Frage stellt verstehe ich, warum dies in unserer Kultur als „staatsfeindlich“ angesehen wird und dazu führt, dass man als Fußabtreter seiner Kindes bezeichnet wird, die verwöhnte Blagen großziehen, aber… ich sehe das einfach nicht so. Weil ich meine Kinder respektiere und ich würde es es nicht anders wollen, als dass jeder von uns eine Stimme in dieser Familie hat.

Ich verstehe bedürfnisorientierte Erziehung nicht als einen Schutz gegen die Widrigkeiten des Lebens. Meine Kinder dürfen ihren eigenen Weg gehen wenn sie älter werden – und sie werden sich eventuell Wege wählen, die ich nicht aussuchen würde. Das ist der Preis den man zahlt, wenn man Freiheiten zulässt, vermute ich – aber ich muss sagen, ich weiß von Familien die ich kenne, deren Kinder nicht mit Freiheiten aufwuchsen, die sich trotzdem für einige unglückliche Wege in ihrem Leben entschieden haben.

Ich sehe bedürfnisorientierte Erziehung zudem nicht als eine Art Märtyrertum an, dem ich mich verschieben habe. Meistens macht die bedürfnisorientierte Erziehung mir das Leben als Elternteil einfacher weil sie mir deutlich macht, was Babies rein evolutionstechnisch als „menschliche Primaten“ erwarten und was ich tun kann um diese Bedürfnisse zu befriedigen und trotzdem mein inneres Gleichgewicht zu finden. Es hilft natürlich, dass ich die bedürfnisorientierte Erziehung zusammen mit einem anderen Vollzeit-Elternteil praktiziere – mein mich unterstützender Partner Sam – und mit anderen Eltern und werdende Eltern in der Gemeinschaft um uns herum. Bedürfnisorientierte Erziehung funktioniert wie jede Erziehung am besten in einer „Dorfgemeinschaft“ und sie kann sehr anstrengend sein, wenn man sie alleine anstrebt. Dies soll allerdings keine Gegenrede sein, es ist nur die Kehrseite einer vorherrschenden Kultur die sich nicht daran orientiert, was Kinder und Eltern brauchen.

Wenn die Leute mich darauf hinweisen, dass bedürfnisorientierte Erziehung eine Modeerscheinung ist, oder etwas das man machen aber auch lassen kann oder das es zu kompliziert ist oder zu wischi-waschi oder zu „extrem“ frage ich sie: Wie kann irgendjemand dagegen argumentieren unseren Kindern mit Respekt zu begegnen? In welchem Universum könnte es jemals verkehrt sein, die Bedürfnisse unserer verletzlichsten Familienmitglieder anzuerkennen und zu versuchen diese Bedürfnisse auf eine Art und Weise zu erfüllen, die für unsere Familie funktioniert? Man muss im Hinterkopf behalten, dass dieser Respekt für uns als Eltern genauso gilt: wir respektieren uns, suchen unser inneres Gleichgewicht, Unterstützung und Kompromisse, wo sie nötig sind. Und indem wir uns selbst, den Elternteil an unserer Seite und unsere Kinder respektieren leben wir unseren Kinder gleichzeitig vor, uns im Gegenzug auch zu respektieren. Dieser Respekt wird auf diese Art und Weise weiter getragen, in unsere Beziehungen mit Anderen außerhalb unserer Familie und legt somit die Basis für respektvolle Interaktionen.

Ich sehe bedürfnisorientierte Erziehen also nicht als etwas an, das außerhalb unserer heutigen, kulturellen Normen liegt, in den meisten Fällen zumindest. Manchmal behandeln Eltern ihre Kinder mit Respekt und haben eine gute Bindung aber sie nennen es nicht bedürfnisorientierte Erziehung weil sie nicht im Familienbett schlafen oder weil sie nicht länger als sechs Monate gestillt haben oder aus irgendeinem anderen Grund und trotzdem bin ich der Meinung, dass wir in den Grundzügen sehr gleiche Ansichten haben. Und auf der anderen Seite gibt es Menschen, die von sich selbst sagen, dass sie bedürfnisorientiert erziehen und die trotzdem den (sehr viel dominanteren) Gedanken zum Opfer fallen, dass Kinder als „unzivilisierte Biester“ auf die Welt kommen die erst zu vernünftigen Menschen geformt werden müssen. Ich denke, dass bedürfnisorientierte Erziehung diese Basis des Respekts braucht um sich wirklich bedürfnisorientierte Erziehung nennen zu dürfen.

Am Ende sehe ich keinen wirklichen Diskussionspunkt, wenn es um bedürfnisorientierte Erziehung geht. Ich bin ein bedürfnisorientierter Elternteil. Ich respektiere meine Kinder, mich selbst, meine Familie und die Menschen um uns herum und ich gebe meine Kinder eine sichere Basis die es ihnen ermöglicht, diesen Respekt sich selbst und anderen zukommen zu lassen.

Weil ich Mutter genug bin.

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