Mein Stillbuch „Bedürfnisorientiertes Stillen“ ist da und in unserem Shop zu bekommen!
Katharina bloggt auf meingeliebteskind.com über Ihre Familie und das Leben auf vier Rädern. Heute teilt sie unsere Stillgeschichte mit uns!
Lange bevor ich Mutter wurde, war für mich das Bild einer Frau mit ihrem Neugeborenen geprägt von folgender Imagination:
Baby stillend im Schoß der Mutter.
Ich weiß nicht, was dieses Bild so stark geprägt hat, aber das war mein selbstverständliches Image einer Mutter, die ein Baby bekommt.
Insofern stellte ich mir nie die Frage, ob ich stillen oder füttern wollte, sollte ich ein mal selbst Mutter werden. Ebenso kam nie der Zweifel in mir auf, dass es gegebenenfalls nicht „klappen“ oder problematisch sein könnte, zu stillen. Ich betrachtete also Stillen als die natürlichste Sache der Welt.
Als ich schwanger wurde, freute ich mich wahnsinnig auf die Stillzeit, die enge Verbundenheit, die Nähe, das Kuscheln mit dem Kleinen. Die Erstgeburt war ein Kaiserschnitt, da ich ein knapp 5kg-Baby bei Beckenendlage und weiteren nicht sehr günstigen Vorzeichen zur Welt bringen sollte. Natürlich kamen von Außen rasch gut gemeinte Ratschläge bezüglich des Stillens und dass ich besser eine Milchpumpe kaufen und Pre-Milch besorgen solle, da es häufig nach Kaiserschnitten nicht „klappte“ mit dem Stillen. Ich vertraute auf meinen Körper und ließ diese Sätze an mir abprallen, stellte ich doch nicht in Frage, dass wir das schon schaffen würden. Auch und gerade trotz des Kaiserschnitts war es mir wichtig, dass wir in diese Beziehung gehen konnten.
Unser erster Sohn war kaum geboren
als die Hebamme versuchte, seinen Mund an meine Brust zu drücken, um ihn zum Stillen zu bewegen. Ich muss etwas verdattert dreingeschaut haben, denn sie sagte nur: „Na, wir müssen mal schauen, ob er was trinkt, sonst müssen wir vielleicht nach Alternativen schauen.“ Der kleine Mann war gerade erst geboren, noch total durcheinander und müde von der Geburt und schon stellte sich ein „Problem“ ein? Ich konnte es nicht glauben. Zudem war er mehr als propper und sicher nicht verhungert. Ich entspannte mich und als die Hebamme aus dem Raum war, robbte mein kleiner Sohn wie von selbst an die Brust und begann zu saugen. Wow, ich war beeindruckt und glücklich zugleich. Nichts war hier „problematisch“.
Mit dem Milcheinschuss stellte ich mir dann die Frage, ob dieser Schmerz je wieder aufhören und ich aus dem Dolly Buster-Modus jemals wieder raus kommen könnte, aber nach wie vor zweifelte ich keine Sekunde an der Richtigkeit der Entscheidung zu stillen. Für mich war es wie gesagt gar keine bewusste Entscheidung, sondern natürlicherweise das, was man mit einem Baby so macht, wenn es Hunger oder Durst hat.
Leider kristallisierte sich bald heraus,
dass unser Sohn kein „Kuschelkind“ war und die Brust ausschließlich zur Nahrungsaufnahme nutzte, so dass ich etwas ernüchtert nach 11 Monaten aus dieser Stillbeziehung gedrängt wurde, da er deutlich signalisierte: Ich esse jetzt, ich brauche die Brust nicht mehr.
Da das Stillen, wie das Wort „Stillbeziehung“ ja so schön aufgreift, ein Miteinander und keine Einbahnstraße ist, reagierte ich natürlich auf seine Signale und legte meine Vorstellung einer perfekten Stilldauer – die gefühlt noch lange nicht erreicht war – ad acta.
Als meine Tochter geboren wurde, war mir sofort klar, dass sich da etwas anderes anbahnte und ich sollte nicht eines Besseren belehrt werden. Sie stillte 2 Jahre und 8 Monate, ehe sie von einem Tag auf den anderen beschloss, dass sie keine Brust mehr brauche und sich das Thema dann – in beiderseitigem Einvernehmen – erledigte.
Sie brauchte die Brust nicht nur zum Trinken (sie stillte 11 Monate voll, ohne auch nur einen Biss anderer Nahrung haben zu wollen), sondern zu jedem erdenklichen Zeitpunkt wenn etwas Neues, Aufregendes, Beängstigendes oder Trauriges des Wegs kam. Sie stillte wahnsinnig oft, viel und ausgiebig, hing mir quasi dauerhaft am Rockzipfel und nachts war an längere Schlafphasen kaum zu denken. Teilweise kam sie alle 15 Minuten an die Brust, was stark an meinen Kräften zehrte und ich auch deutlich an Gewicht verlor. Nichts desto trotz überdauerte unsere Stillbeziehung auch die schwierigen und nervenzehrenden Zeiten und ich dachte keine Sekunde darüber nach, sie abzustillen. Naja, nicht wirklich. Das ein ums andere Mal dachte ich schon: „Mensch, wenn der Papa jetzt mal könnte und ich an seiner statt ausgehen oder gemütlich auf der Couch sitzen könnte…“, was aber rasch durch den zarten Hauch einer Berührung meiner Tochter, ihren vertrauensvollen, hilflosen Blick und das Wohlgefühl in ihrer Nähe ausgeblendet war. Der Versuch des Abpumpens und Flaschegebens war schnell zerschlagen, denn es war nicht in erster Linie die Milch, sondern die Nähe, die sie suchte und so verschenkte ich die Flaschen wieder und ließ das Stillen ganz bewusst ein wesentlicher Teil unseres Miteinanders sein.
Bei ihr durfte ich beobachten,
dass ich durch die Nähe und immerwährende Bereitschaft, für sie da zu sein, wenn sie es brauchte, nach dem Abstillen ein weltoffenes, selbstsicheres, vertrauensvolles Mädchen an meiner Seite hatte, die immer zu wissen schien, dass sie sicher ist, dass sie ihren Hafen kennt und dass ihr scheinbar nichts passieren konnte in der Welt da draußen. Ihre Selbstsicherheit und ihr Vertrauen in uns und das Leben hat sie sicher auch zu einem nicht unerheblichen Teil, dieser intensiven und bedingungslosen Stillbeziehung zu verdanken.
Ich wollte immer, dass die Kinder selbst bestimmen können, wann für sie das Stillen keine Rolle mehr spielt und sie sich von der Brust lösen wollten. Die unterschiedlichen Charaktere der Kinder spiegelten sich in ihrem Stillverhalten ganz deutlich wider, was ich nach wie vor sehr spannend finde.
Aktuell stille ich unser drittes Kind mit knapp zweieinhalb Jahren ebenfalls noch und es ist auch kein Ende in Sicht. Er kann zwar, wenn er beim Papa ist, ohne die Brust auskommen und fragt auch nicht danach, aber sobald ich den Raum betrete ist sie das Objekt seiner Begierde und darf es auch sein. Er braucht Stillen immer als Rückversicherung, dass alles in Ordnung und er nicht alleine ist. Gerade in unserer Situation des dauerhaften Reisens ohne den Papa und in Zeiten, die er dann ohne mich bei ihm verbringt, ist Stillen der sichere Hafen, der Anker, die Gewissheit, dass alles für ihn gut ist. Das würde ich ihm nie nehmen wollen – auch, wenn es für mich manchmal bedeutet, dass ich einen Gang zurück schalten, Pausen machen und mich zum Hinsetzen „zwingen“ muss. Manchmal denke ich, dass er ein so intensives Stillkind ist, weil ich gerade in einer turbulenten Entwicklung in meinem Leben stecke und ich so durch ihn daran erinnert werde, innezuhalten, durchzuatmen und mir Zeit zu nehmen.
Auch er wird selbst bestimmen dürfen,
wann für ihn die Zeit des Abstillens gekommen ist und ich bin sehr gespannt, wann das der Fall sein wird, denn er scheint das bedürftigste und anhänglichste Kind der drei zu sein. Wie gesagt, er spiegelt mich und meine Bedürfnisse und signalisiert mir deutlich, wann ich eine Pause brauchen könnte, indem er dann die Brust verlangt.
Es gibt im Übrigen kaum etwas Schöneres, als mit den Kleinen über das Stillen zu reden, in Austausch zu gehen, zu hören, wann sie wollen und warum, was sie über die Brust denken und wie sie über das Stillen sprechen. Mal abgesehen von dem Glänzen in seinen Augen, wenn er sich auf meinem Schoß zurechtkuschelt, ist Stillen für uns immer noch ein Moment totaler Verbundenheit und Nähe, der sich so richtig und liebevoll anfühlt, dass es mir nicht in den Sinn käme, eingreifen und das beenden zu wollen. Warum auch?
Natürlich höre ich auch die Stimmen von außen: „Ist da denn noch was drin?“, „Meinst Du nicht, dass das jetzt mal reicht langsam?“ und frage mich immer wieder, warum es jemanden in irgendeiner Weise interessieren kann, wie lange, intensiv und öffentlich wir stillen? Ich muss es nicht verstehen und versuche es auch gar nicht, sondern genieße einfach, was wir haben und lasse es sein, wie es ist: wunderschön.
No Comments