Stillgeschichten

„Dass ich eine Löwin bin für mich und meine Kinder…“ Blogparade „Meine Stillgeschichte“

Mein Stillbuch „Bedürfnisorientiertes Stillen“ ist da und seit heute in unserem Shop zu bekommen!

Meine Stillgeschichte. Eine der weniger schönen.

Mir ist wichtig anzumerken: Niemand wollte uns etwas Böses. Das Problem ist das System, in dem aufmerksame, an Individuen angepasste Betreuung kaum mehr möglich ist.

Ich habe ungeplant im Krankenhaus geboren, was an sich nicht soooo schlimm gewesen wäre. Aber der Verlauf der Geburt hat mich gelehrt, wie menschenunfreundlich das System ist, in dem wir leben und gebären. Wie unangemessen Kinder begrüßt werden. Wie schlecht die Betreuung ist, die im Vergleich zu anderen Erfahrungen noch relativ gut war.

Es war so:

Mein erstes Kind wurde geboren. Geplant war eine Hausgeburt gewesen, aber weil meine Fruchtblase bei 36+2 einen Riss hatte, flötete mir die Hebamme ins Telefon, dass nun also klar wäre, dass mein Kind im Krankenhaus geboren wird. Ich war traurig, aber so war es eben jetzt. Das beste draus machen.

Dass andere Hebammen zu diesem Zeitpunkt schon eine Hausgeburt begleiten wusste ich natürlich nicht. Einen Einleitungs-Marathon mit Kaiserschnitt-Drohung später hat mir ein Rizinus-Cocktail erfolgreich mein Kind aus dem Bauch geprügelt, bei 36+5. So lange „darf“ man warten nach dem Blasenriss, mit prophylaktischer Antibiose. Jedenfalls dort wo ich war. Andernorts mag es strenger oder lockerer sein, denn es geht hier um starre Regeln und keine individuellen Fälle.

Wäre ich aufgeklärt gewesen, oder einfach mutiger, wäre ich einfach nach Hause gegangen und hätte mein Kind später geboren. Vielleicht auch allein, denn Angst hatte ich keine. Konjunktiv.

Tatsächlich war ich eben nicht mutig oder aufgeklärt und hab den Mist mit uns machen lassen. Mein Kind wurde geboren, früher abgenabelt als mir lieb war, und ich ungeduldig und auch hier nicht informiert genug. Aufgeregt wollte ich ihm die Brust in den Mund stopfen, und ein bisschen hat mein Zuckerstück auch gesaugt.

Aber nicht so richtig.

Wegen meiner blöden Unsicherheit und schlechter Prioritätensetzung habe ich dann im Kreißsaal auf meine Mama gewartet, und mein Mann ging mit unserem Baby auf die Neo-Intensiv, wo unser Kind untersucht werden „musste“. Schließlich war unser fast 3-kg-kind eine Frühgeburt. Es hat ewig gedauert, bis sie aufs Zimmer kamen, und ich wusste nichteinmal wo mein neues Baby ist.

Angezogen und mit blauen Fersen bekam ich ihn wieder.

Das war die erste Trennung.

Danach haben wir viel gekuschelt, Haut an Haut. Die meiste Zeit hatte ich ihn unter meinem Shirt, abgelegt habe ich ihn kaum. Er war neun Monate in mir drin, wie könnte ich ihn da plötzlich weglegen? Und er war sein Leben lang nackt, woher sollte ich wissen wie sich Kleidung für ihn anfühlt? Ob sie angenehm war?

Leider waren die Elektroden auf seiner Brust wenig begeistert von unserem Kuscheln. Immer wieder lösten sie sich, und ein Ohrenbetäubender KRach ging los weil der Herz-Monitor dachte, mein Kind hätte keinen Herzschlag mehr. Das war auch Teil des Frühchen-Programms.

Er hat viel an meiner Brust genuckelt, aber nicht richtig getrunken.

Aber was weiß eine Erst-Mama schon? Ich habe ihm die Brust immer gegeben und darauf vertraut, dass alles in Ordnung ist. Mit dem Wiegen sind sie mir natürlich täglich auf die Nerven gegangen. Auch in die Ferse gestochen, um Blutzucker und andere Werte zu messen, haben sie jeden Tag, schließlich wurde mein Kind zu früh geboren. Irgendwann war dann der Bilirubin-Wert gaaaanz leicht über der prophylaktisch tief angesetzten Grenze.

Nun musste mein „Frühchen“ natürlich unter einer Lampe therapiert werden. Auf einer angrenzenden Station, wo ich nicht bei ihm sein konnte. Klar, ich durfte immer zu ihm. Aber die Sühle neben den Bettchen waren okay zum mal eben hinsetzen. Nicht, um einem Neugeborenen die Hand zu halten, das in einem Kasten unter einer Lampe lag, auf einer Höhe die an Personal-Komfort angepasst war. Viel stand ich neben ihm, habe ihn berührt solange ich es körperlich schaffte. Auch gesprochen habe ich viel mit ihm. Das baby neben ihm war meistens allein.

Ich habe ihn weiter gestillt.

Aber er saugte noch immer nicht richtig, und die Stillberaterinnen waren hilflos. Entsprechend lange brauchte er immer, und er war auch dauernd hungrig. Insofern ist es natürlich verständlich, dass die Schwestern keine Lust hatten, mich auch nachts dauernd zu rufen. Ich wollte nicht, dass ihm irgendwelche synthetischen Pulver aus einer Plastik-Flasche gefüttert werden. Mein wundervolles Kind sollte doch das Beste vom Besten haben, Milch von mir mit Liebe gemacht, extra für ihn!

Aber wie es nach einer Geburt und mit mangelnder Selbstsicherheit so ist, wollte ich Harmonie, und habe dann den Kompriss angeboten, Milch abzupumpen. Das war sehr schwierig, meine Brüste wollten scheinbar keiner Maschine Milch geben. Für ein paar Milliliter saß ich dann ewig an dieser Melkmaschine, in einem tristen Raum am Ende des Flurs.

Ich habe fast vor Wut geheult bei dem Gedanken, dass sie wahrscheinlich die Hälfte wegkippen würden.

Tja, und dann begannen unsere Probleme.

Plötzlich war das Stillen irgendwie unangenehm. Meine Brustwarzen wurden wund, und mein dauerhungriges Kind musste trotzdem ständig nuckeln. Eine Schwester meinte, vielleicht ist einfach sein Zungenbändchen zu kurz, es wäre nur ein ganz kleiner Eingriff. Das kann auch das Sprechen schwierig machen, und wenn er älter ist, wird das ne Operation.

Ich war schon so schwach, so erschöpft und verzweifelt, also hab ich sie machen lassen. Geholfen hat es nichts.

Es wurde ihm auch noch Blut am Kopf abgenommen, und weil hysterische Mütter da unbequem sind wurde mir gesagt, ich solle mich noch kurz ausruhen. Es wäre nur eine Minute.

Ich habe das panische Kreischen gehört und gebetet, es käme von anderswo. Doch als es dann vorbei war wurde mir kurz darauf mein Kind gebracht. Mit einem Verband um den Kopf, als hätte er eine ernsthafte Verletzung. Ich war so wütend und fühlte mich betrogen. Ich hatte meinem Kind nicht beistehen können, ich hatte ihn allein gelassen, während er gefoltert wurde.

Aber wenigstens musste er nichtmehr unter die Lampe. Auch die strengen Krankenhaus-Regeln, die gemacht sind um rechtlich abzusichern, erlaubten mir nun mein Kind wieder mitzunehmen.

Vielen Dank auch.

Als wäre die Geburt nicht schlimm genug gewesen.

Aber ich habe es versäumt, mich vorher zu informieren.

Drei Wochen lang hatte ich unerträgliche Schmerzen beim Stillen. Bis er drei Monte war, waren sie nur noch schrecklich. Dann war es langsam aushaltbar. Natürlich wollte er die Brust immernoch sehr oft, schließlich kriegte er nicht sonderlich viel raus, und mir war leider nicht bewusst, dass Babys manchmal weinen weil sie erzählen müssen, und nicht immer nur, weil sie hungrig sind. Ich galube er war ein Jahr oder neun Monate als ich mir dachte „Wow, das Stillen macht mir ja garnichts!“.

Abstillen war keine Option, aber es war richtig richtig hart, durchzuhalten. Auch nachher war es selten angenehm, was aber auch mit einem Rückgang der Milchproduktion zu tun hatte, wenn ich nicht gut mit Nährstoffen versorgt war.

Während meiner zweiten Schwangerschaft fiel mir das auf. Wenn ich grüne Smoothies trank, oder grüne Säfte, ging das Stillen gut. Wenn ich das zu lasch nahm war es unerträglich, und es kam auch kaum bis keine Milch. Auch Kräuterpulver funktionierten, aber nicht so gut wie die frischen Kräuter. Dass ich das rausgefunden und weitergegeben hab, hat schon eine Handvoll Stillbeziehungen retten können <3 Also bitte nicht irritieren lassen wenn behauptet wird, die Milchmenge sei durch bestimmte Nahrungsmittel nicht zu steigern! Einfach erst ausprobieren! Gras-Saft funtkioniert am besten

Jedenfalls gibt’s noch was Gutes an der ganzen Story.

Ich kann sie euch jetzt erzählen. Ich hab mich intensiv mit allem auseinndergesetzt was da schief lief und kann euch jetzt sagen, Stillhütchen und mit Fläschchen zufüttern nur im Notfall oder sogar dann lieber mit dem Löffel oder Glas die Milch geben. Ansonsten riskiert ihr eine Saugverwirrung, wie es bei uns passiert ist. Jetzt weiß ich, dass ich zu allem Nein sagen darf, und wie wichtig es ist, dass ich es tue und mich durchsetze. Dass ich eine Löwin bin für mich und meine Kinder, oder jemand (im Idealfall Kampferfahrener), der uns an meiner statt verteidigt. Ich kann von unserem Weg erzählen, was ich daraus gelernt habe und wie ihr es euch hoffentlich ersparen könnt.

Deshalb gibt es übrigens auch meine Seite „Gegen medizinische Gewalt an Neugeborenen“ auf Facebook, neben dem Entfaltungsraum.

Auf meinem Blog könnt ihr mitverfolgen, was ich sonst noch so lerne und gelernt habe, und welche Erfolge ich schon verbuchen darf <3 Einer davon ist, dass mein Sohn immernoch an die Brust dürfte, sofern es bei mir gerade gut geht. Aber er will garnichtmehr

Und der Kleine hat mir dann gezeigt, dass Stillen auch einfach okay und angenehm sein kann. Von Anfang an hat er „gestillt wie ein Weltmeister“ – dann hab ich den Ausdruck erst richtig verstanden 😀

Mira

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