Stillen

Die Vorteile des Stillens nach Bedarf

 

Stillen nach Bedarf! “Als ob man darüber tatsächlich noch reden müsste.” dachte ich. Dass Stillen die beste und meist auch einfachste Form der Babyernährung bis ist, ist in Deutschland doch eigentlich hinlänglich bekannt, dachte ich. Stillen bis mindestens zum 6. Monat ist doch der Standart, dachte ich.
Bis ich jetzt in meiner Babygruppe und im Rückbildungskurs mitbekommen habe, dass die meisten Mamis anscheinend mindestens zufüttern, wenn nicht gleich ganz die Flasche geben. Hm.
Natürlich geh ich nicht gleich auf die anderen Mütter zu und frag sie vor aller Ohren warum sie denn zufüttern und erzähle ihnen, dass 98% aller Frauen in der Lage sind ihr Kind zu stillen – wenn sie die richtige Unterstüzung erhalten (immerhin muss man bedenken, dass viele Frauen freiweillig früh abstillen oder sogar mit Bedauern abstillen müssen). Und die richtige Unterstützung fängt bei der Nachsorgehebamme und der Familie (!!) an und reicht bis hin zu ehrenamtlichen Stillberaterinnen der La Leche Liga oder der AFS (die nicht nur persönlich und zu Hause, sondern auch noch online und per Telefon beraten). Denn als ob man als frischgebackene Mutter nicht schon verunsichert genug wäre, von all dem Neuen dass über einen hereinbricht, hat die liebe Verwandschaft ja gerne mal nichts besseres zu tun als alles in Frage zu stellen, was man so tut: “Wie, willst du ihn schon wieder anlegen? Er hat doch grade erst getrunken!” “Vielleicht schreit er so viel, weil er nicht satt wird?!” “Hast du schon angefangen zu zufüttern?” “Unserer hat früher ja nur alle 4 Stunden was gekriegt!” und natürlich der Klassiker: “Du verwöhnst ihn ja total!” 😀

Fakt ist, in den viel zitierten Naturvölkern – wo sie denn heute überhaupt noch existieren – werden Kinder im Durchschnitt alle 13,5 Minuten zum stillen angelegt. Und es scheint ihnen nicht zu schaden, denn sonst würden besagte Naturvölker wohl schon längst nicht mehr existieren.

Fakt ist außerdem: Stillen ist zu 10% Ernährung – und zu 90% Körperkontakt, Nähe, Trost, Sicherheit, Geborgenheit, Ruhe und Frieden.Muttermilch enthält Inhaltsstoffe, die sowohl Schmerzlindernd wirken als auch müde machen.Sie ist also das perfekte “Medikament” für Koliken, Schreibabies, Unruhezustände, Wartezimmer, ärztliche Untersuchungen, lange Bahnfahrten, öffentliche Verkehrsmittel und sogar Univorlesungen 🙂

Fakt ist: Kinder, die gestillt werden erhalten 600 Stunden mehr wichtigen Körperkontakt als Kinder, die nicht gestillt werden.

Und dann habe ich die Tage den Report der Organisation Save the Children mit Namen „Superfood für Babys – wie Stillen Kinderleben retten kann“ in die Finger bekommen.
Eine kurze Zusammenfassung des Berichts gibt es bei CleanKids.de die wichtigsten Zahlen habe ich euch aber mal herauskopiert, angefangen mit der erschreckensten:

“Das Geschäft mit Muttermilchersatzprodukten beläuft sich auf knapp 18,7 Mrd. Euro.” – 18,7 Milliarden Euro!! Das ist der Hammer! Vor allem wenn man sich dazu noch die folgenden Ziatate durchliest:

  • “Vor allem kulturelle Hürden, ein gravierender Mangel an Gesundheitspersonal, fehlende Rechtssicherheit für Mütter und Vermarktungsstrategien einiger Hersteller von Muttermilchersatzprodukten behindern das Stillen.”
  • “Ein Neugeborenes, das innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt gestillt wird, hat eine dreimal höhere Überlebenschance als ein Kind, das erst ab seinem zweiten Lebenstag gestillt wird.”
  • “830.000 Todesfälle könnten vermieden werden, wenn jedes Baby innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt gestillt würde (Analyse Save the Children).”
  • “Geschätzte 1,4 Mio. Todesfälle bei Kindern im Jahr 2008 können auf „suboptimales“ Stillen zurückgeführt werden – weil die Babys nicht ausschließlich gestillt wurden bzw. nicht bis zum zweiten Lebensjahr gestillt wurden.”
  • “Die Babynahrungsindustrie als Ganzes ist auf Wachstumskurs: 31% Wachstum bis 2015 werden prognostiziert. Asien ist dabei der größte Wachstumsmarkt.”
  • “22% der Todesfälle bei Neugeborenen könnten verhindert werden, wenn diese innerhalb der ersten Stunde nach Geburt gestillt würden. 16% der Todesfälle könnten vermieden werden, wenn die Babys innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Geburt gestillt würden.”
  • “Das Risiko, an Lungenentzündung zu sterben, ist bei nicht gestillten Säuglingen 15 Mal höher als bei Stillkindern. Das Risiko, an Durchfall zu sterben ist 11 Mal höher.”
  • “Weltweit werden 92 Mio. Kinder unter sechs Monaten – also zwei von drei Babys – mit künstlicher Nahrung oder mit einer Kombination aus Muttermilch und weiteren Nahrungsmitteln ernährt.”

Natürlich beziehen sich viele dieser Zahlen auf Länder in denen die Kindersterblicheitsrate ohnehin wesentlich höher ist als bei uns, in denen es kein frisches Trinkwasser gibt, keine gute Infrastruktur und dergleichen mehr. Aber grade dort, wo es kein sauberes Trinkwasser gibt, sollte Stillen doch viel selbstverständlicher sein als hier – könnte man meinen. An diesem Punkt kommen dann wieder die “Vermarktungsstrategien einiger Hersteller von Muttermilchersatzprodukten” zum Zuge – diese sorgen nämlich dafür, dass Mütter in Entwicklungsländern häufig tatsächlich der Meinung sind, dass die künstliche Milch besser für ihre Kinder sein könnte, als ihre Muttermilch. Und genau die gleichen Vermarktungsstrategien sorgen auch hier bei uns dafür, dass Müttern suggeriert wird ihre Milch würde nicht aussreichen, ihr Kind würde nicht satt werden, das Pulverzeug wäre tatsächlich besser als Muttermilch oder sie bekämen ihre Freiheit zurück, wenn sie ihr Kind doch nur auf die “gute” Fertigmilch umstellen würden.

Fakt ist, dass man ca. 800€ spart, wenn man sein Baby in den ersten 6 Lebensmonaten voll stillt

– keine vPulvermilch, keine Fläschchen, die gekauft, gewaschen und ausgekocht werden müssen, was sich wiederum auf die Strom- und Wasserrechnung auswirkt. Muttermilch hat immer die richtige Temperatur, ist jederzeit und sofort verfügbar und verursacht absolut keine zusätzlichen Kosten.

Fakt ist: es gibt nichts besseres für einen Säugling als Muttermilch!

Den die Muttermilch ist in ihrer Zusammensetzung als einziges Lebensmittel ideal auf den Säugling abgestimmt.
Selbst wenn die Mutter wenig Milch hat, auch wenn sie Medikamente nimmt, eine Untersuchung oder OP über sich ergehen lassen muss, die eine Narkose erforderlich machen oder sie selbst krank ist! In vielen Fällen wird nicht mal mehr abgepumt und die Muttermilch mit den entsprechenden Stoffen entsorgt. Es gibt Datenbanken wie Embryotox die online und telefonisch über geeignete Medikamente in Schwangerschaft und Stillzeit aufklären, man kann Ärzte, Apotheker und Hebammen befragen.

Fakt ist, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, Babies in den ersten sechs Lebensmonaten ausschließlich zu stillen,

dann langsam mit der Einführung von Beikost zu beginnen und bis zum 2. Geburtstag weiter zu stillen!

Dieses Bild  gibt einen Überblick über die Inhaltsstoffe von Muttermilch und Kunstmilch. Dort ist schon auf den ersten Blick zu erkennen, dass der Kopie vieles fehlt. Und selbst das was drin ist, ist im besten Falle eben immer noch eine Kopie. Von den Rückrufaktionen wegen Fremdkörpern oder Krankheitserregern in der Pulvernahrung mal ganz zu schweigen…
In einer spanischen Studie wurde vor kurzem nachgewiesen, dass in Muttermilch mehr als 700 verschiedene Bakterienkulturen enthalten sind, die sich unter anderem positiv auf die Bildung einer guten Darmflora auswirken. Und eine gute Darmflora, so weiß man heute, ist ihrerseits mitverantwortlich für die Immunabwehr und die Resistenz des Körpers gegen Allergien. Fakt ist also, dass Stillen ganz aktiv dazu beiträgt, Allergien und Krankheiten vorzubeugen und dem Baby ein gesundes Immunsystem mitzugeben.

Fakt ist auch: Stillen ist hart – sehr hart sogar. Die ersten Tage und Wochen sind für die meisten Frauen, mich eingeschlossen, extrem anstregend. Ich weiß nicht, wie oft ich mir in in den ersten 3 Wochen nach Baby Drontes Geburt auf die Lippen gebissen und mit Tränen in den Augen dagesessen habe, wenn er anfing zu trinken. Meine Brustwarzen waren die Dauerbelastung natürlich nicht gewöhnt und ich habe versucht mit schwarzem Tee, Heilwolle und Stillhütchen das Schlimmste zu verhindern. Schmerzen hatte ich trotzdem. Und immer wieder habe ich gedacht “Oh bitte, nicht schon wieder stillen!”, es tat einfach so weh, außerdem war ich übermüdet mit Hormonen vollgepumpt und hatte noch eine Reihe anderer Blessuren von der Geburt davongetragen. In diesen Momenten hat mich häufig wirklich nur noch das Wissen, dass ich während meiner Schwangerschaft über das Stillen gesammelt hatte davon abgehalten in den nächsten Drogeriemarkt zu stürmen und das Fertigzeug zu kaufen.
Und dann war der stressige Teil plötzlich vorbei, die Brustwarzen hatten sich an ihre neue Aufgabe gewöhnt und Stillen ging auf einmal wie von selbst und sah tatsächlich so aus, wie in der Werbung. Deshalb: durchhalten! Es ist schwer, aber es lohnt sich!

Website Kommentare

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2 Comments

  • Reply
    “Meine Brüste sind weich und kleiner geworden – habe ich vielleicht nicht mehr genügend Milch?” - bedürfnis-orientiert.de
    18. Februar 2017 at 17:19

    […] ausgestorben wären, wenn es tatsächlich so viele Schwierigkeiten dabei geben würde, wie die großen Muttermilchersatznahrungshersteller und glauben machen […]

  • Reply
    Welche Getränke eignen sich für Babys ab der Beikosteinführung? - bedürfnis-orientiert.de
    13. März 2017 at 19:53

    […] Kinder reagieren, trotz Stillen nach Bedarf, zeitweise mit einer Verstopfung auf die Umstellung der Nahrung und besonders dann hilft es, wenn […]

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