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Mein Stillbuch „Bedürfnisorientiertes Stillen“ kommt am 8.06.17 heraus und ist, ab sofort, hier vorbestellbar!
Eigentlich hatte ich vor 3 Monate voll zu stillen
und dann unter Beikosteinführung bis zum Ende des 6. Monats abzustillen. Warum? Weil ich es einfach nicht besser wusste. Meine Schwester stillte während meiner Schwangerschaft ihre zu dem Zeitpunkt gerade 8 Monate alte Tochter noch etwa zweimal am Tag und ich empfand dies ehrlich gesagt als – ich drücke es mal nett aus – nicht normal. Ich konnte es nicht verstehen, wie man nur noch Mutter sein kann, sich selbst völlig aufgeben kann. So langsam wäre es doch mal an der Zeit das Kind auch mal bei Oma abzugeben,…
Hatte…
Denn es kam alles ganz anders als geplant und ich könnte gar nicht glücklicher darüber sein.
Zum Glück war ich schon vor meiner Schwangerschaft vollkommen davon überzeugt, dass jede Frau stillen kann, ist es doch eins der natürlichsten Dinge auf der Welt. Wäre es anders gewesen, hätte ich wahrscheinlich aufgegeben. Denn unser Start war alles andere als leicht.
Nach einer sehr traumatisierenden Geburt, die den Geburtstag meines Sohnes zu dem schlimmsten Tag meines Lebens werden lies, nahm das Unheil seinen Lauf. Völlig fertig und kaputt von der Geburt und durch mein Vertrauen in die Natur vollkommen uninformiert, kam etwa eine Std nach der Geburt die Kreißsaalschwester und fragte, ob mein Sohn denn schon gestillt hätte. Nein das hatte er nicht, er hatte noch nichtmal die Augen geöffnet und war einfach genauso fertig und von meinen Infusionen betäubt wie ich. Dies nahm die Schwester zum Anlass mit einer Spritze voll Pre wiederzukommen, die ich ihm sofort einflösen sollte, da sonst eine lebensgefährliche Unterzuckerung drohen würde. Dass mein Kind immer gelber wurde, interessierte niemanden und dass dieser Umstand sehr gefährlich für meinen Sohn war, erfuhr ich erst einige Zeit später. Im Nachhinein weiß ich, dass er eine starke Neugeborenengelbsucht hatte.
Auf der Wöchnerinnenstation ging es weiter.
Mein Sohn war weiterhin sehr müde und ließ sich einfach nicht anlegen, mein Mann fuhr nach der langen Nacht für ein paar Stunden nach Hause um ein bisschen zu schlafen. Und ich? Ich weinte… ich weinte um die Geburt, um das Kind in meinem Bauch, das mir einfach entrissen wurde und um das Kind in meinem Arm, das ich einfach nicht mit meinem Baby, dass ich 9 Monate unter dem Herzen getragen hatte in verbindung bringen konnte. Ich weinte, weil ich wohl nicht nur zu blöd war, mein Kind alleine auf die Welt zu bringen, sondern anscheinend auch noch zu blöd zum Stillen war. Ich schaffte es einfach nicht ihn anzulegen und mein Sohn schlief und schlief.
In der zweiten Nacht, das war mittlerweile ca 40 Std nach der Geburt, wurde mein Sohn langsam wach, er hörte auf Fruchtwasser zu spucken und wollte endlich stillen. Aber er konnte meine Brust nicht fassen. Ich rief die Nachtschwester, die die erste war, die vorsichtig mein Kind an meine Brust bekommen hat und ich weinte wieder. Auf die Art der Schwester schaffte ich es in einem von fünf Fällen endlich alleine ihn anzulegen, doch meine Brustwarzen waren bis zum nächsten Tag so wund, offen und blutig, ich hätte nie gedacht, dass so etwas möglich ist. Mir wurde die Stillbeauftragte der Klinik (übrigens ein zertifiziertes Babyfreundliches Krankenhaus – sehr traurig), eine IBCLC Beraterin vorbeigeschickt. Diese blickte in ihre Akte, meinte. “ hier steht, sie füttern zu“, äh nein…. „ach, na dann streich ich das. Hier sind Stillhütchen, aber mit ihrer Brust wird das eh nichts“ und weg war sie. Ich war verzweifelt, mein Kind spuckte blut weil meine Brustwarzen so offen waren und ich hatte schmerzen, übrall. Ich schrieb meinem Mann, er solle bitte den Schnuller mitbringen, den wir in der Schwangerschaft geschenkt bekommen haben und nie benutzen wollten. Ich konnte nicht mehr.
Langsam wurde mir klar, dass hier irgendwie alles schief lief und so entließ ich mich gegen den Willen meines Arztes und der Hebamme am dritten Tag selbst.
Zuhause wurde es nicht besser, ich kämpfte nicht nur mit dem Babyblues, sondern mit einer ausgewachsenen Wochenbettdepression. Ich war die ersten drei Monate sowohl körperlich als auch seelisch weder in der lage meinen Sohn zu tragen, noch ihn selbst zu wickeln oder mich sonst irgendwie um ihn zu kümmern. Aber ich habe gestillt, ich hatte ihn den ganzen Tag auf meiner Brust liegen und mein Mann und ich haben es immer und immer wieder versucht diese Stillhütchen weg zu bekommen. Meine Hebamme meinte immer nur: “ ach er soll mal ein paar Wochen so trinken und wenn ich das dann immer noch will, können wir es ja probieren.“ Ich hatte aber von der Gefahr einer Saugverwirrung gelesen und war verzweifelt. Warum hift mir keiner? Mein Mann ergoogelte irgendwann eine Möglichkeit, wie wir unseren Sohn vielleicht doch noch ohne Stillhütchen an die Brust bekommen könnten. Das Problem an Google ist: wenn man nicht genau weiß wonach man suchen muss, findet man ziemlich viel Mist. Im Nachhinein weiß ich, dass wir mehr Glück als Verstand hatten und dass wir mit der Methode “ Brust mit Gewalt in den Mund stopfen“ eher das Gegenteil hätten erreichen können. Aber wir hatten Glück und so konnte ich meinen Sohn nach ca 4 wochen endlich ohne Stillhütchen stillen.
Mit dem Stillen klappte es von da an, mit zwischenzeitlichen Tiefs wie falschem Andocken oder beißen beim Zahnen, wirklich gut und ich traute mich auch immer mehr auserhalb meines Zuhauses zu stillen. Nur dieser blöde Schnuller… Mein Sohn hatte ein sehr starkes Saugbedürfniss(hat er ehrlich gesagt immer noch) und ich fühlte mich psychisch einfach nicht in der Lage diesem Bedürfnis in dem Ausmaß nachzukommen. Bei dem kleinsten Meckern steckte ich meinem Kind den Schnuller in den Mund, gleichzeitig war es jedes mal ein Stich ins Herz ihn mit selbigen zu sehen, für mich kam es einem Versagen gleich.
Als mein Sohn dann fast 3 Monate alt war und nach meinem ursprünglichen Plan eigentlich langsam Zeit für Beikost und Abstillen war, war ich so überhaupt gar nicht bereit dafür. Ich sah dieses kleinen Würmchen in meinem Arm und mir war bewusst, dass so frühe Beikosteinführung und keine Muttermilch mehr, nicht wirklich gut und natürlich sein kann. Und so erkundigte ich mich so viel ich konnte und stieß auf die Beikostreifezeichen, auf die Empfehlung der WHO 6 Monate voll zu stillen und unter Beikosteinführung bis zum Alter von 2 Jahren und darüber hinaus weiter zu stillen, solange Mutter und Kind es wollen. Und war erleichtert. Ich musste nicht abstillen, im Gegenteil. Ohne diesen Beikostdruck fing ich an das Stillen endlich zu genießen. Als mein Sohn mit etwa 6 1/2 Monaten alle Beikostreifezeichen erfüllt hat, starteten wir schließlich mit geeigneten Lebensmitteln vom Familientisch.
Mit 8 Monaten bekam mein Sohn dann seine ersten Zähne
und biss ein Loch in den Schnuller, dadurch konnte er nicht mehr dran nuckeln und spuckte ihn bei jedem Versuch aus. Das war unsere Chance. Wir kauften einfach keinen Neuen. Gleichzeitig fiehl mein Sohn eines Nachts aus seinem Beistellbett. Es war wohl nicht richtig fest gemacht und durch die neue Bewegungsfreiheit (er fing zu der Zeit auch zum Krabbeln an) rutschte das Bett nachts weg und er rutschte zwischen Bett und Beistellbett. Ich war so geschockt, dass ich ihn nicht mehr im Beistellbett schlafen lassen wollte. So lag er fortan immer neben mir, der Schnuller war weg und er konnte endlich wirklich nach Bedarf stillen. Damals fasste ich den Entschluss Stillberaterin zu werden, von deren Existenz ich mittlerweile erfahren hatte, um anderen Müttern helfen zu können.
Das folgende dreiviertel Jahr brachte mich nochmal stark an meine Grenzen. Mein Sohn wurde in dieser Zeit alle halbe Std bis (wenn es hoch kam) eine Std wach und wollte stillen. Ich kann zwar beim Stillen dösen, aber ich schaffe es bis heute nicht dabei zu schlafen. So ging ich irgendwann wirklich auf dem Zahnfleisch. Es gab viele Nächte, in denen ich weinend im Bett lag und ernsthaft übers Abstillen nachdachte. Durch die Liebe und absolute Unterstützung meines Mannes habe ich es jedoch zum Glück immer wieder geschafft weiter zu machen. An dieser Stelle möchte ich dem besten Mann der Welt meinen Dank aussprechen. Schatz, ich weiß nicht, was ich ohne dich getan hätte.
Mittlerweile ist mein Sohn 2 1/2 Jahre alt,
seit ein paar Wochen ersetzt er sichtlich immer mehr Milchmahlzeiten. Das letzte Jahr hat er immernoch min 6 mal am Tag und 4 mal Nachts gestillt. Seit ein paar Wochen wacht er nur noch 2 mal pro Nacht auf und ich kann endlich wieder schlafen. Aber das Stillen ist ihm nach wie vor sehr wichtig, er kommt tagsüber oft zum Kuscheln und einfach nur bisschen Nuckeln und auch zum Trösten und zum Einschlafen geht nichts anderes.
Aber das ist ok, ich genieße die Kuschelzeit mit meinem Sohn (meißtens) sehr und er wird stillen solange er es möchte. Die Zeit wird im Nachhinein eh viel schneller vorbei sein als gedacht, wenn ich nur daran denke wie schnell die letzten 2 1/2 Jahre vergangen sind.
Ich habe in den letten 2 1/2 Jahren viel gelernt und konnte auch schon viel an andere Mütter weiergeben. Und wenn ich sehe, wo Ich mit meiner Familie und unsere ganze Beziehung heute stehen, bin ich überwäligt, das hätte ich nach der Geburt meines Sohnes nie für möglich gehalten.
Und noch etwas habe ich gelernt: Eine Mutter gibt sich nicht auf, nur weil sie auf die Bedürfnisse ihres Kindes eingeht und natürlich ist eine Mutter noch Frau, aber eben auch Mutter und es gibt nichts was ich lieber wäre.
Nina Abel schreibt auf http://www.naturvertrauen.com/ über den bedürfnisorientierten Umgang mit Babys und Kindern.