Mein Stillbuch „Bedürfnisorientiertes Stillen“ ist da und in unserem Shop zu bekommen!
Meine Tochter Hanna ist ein Sonntagskind. Ihre Geburt war kurz und heftig. Dafür, dass sie mein erstes Kind ist, ging es sehr zügig. Die Wehen waren von Anfang an in kurzen Abständen sehr intensiv und lang. Mir blieb kaum Zeit zum Atmen. Die Pressphase dauerte eine gefühlte Ewigkeit mit 2,5 Stunden. Aber Dank meinem Mann, der Badewanne und zwei wundervoll motivierenden Hebammen haben wir es ohne weitere Hilfe geschafft. Hanna kam auf die Welt und schenkte uns direkt ein Lächeln. Kurz darauf suchte sie auch schon nach der Brust und ich stillte sie in der Badewanne zum ersten Mal. Leider fehlten mir sämtlich Glücksgefühle, wahrscheinlich aufgrund der plötzlichen Geburt und der körperlichen Erschöpfung. Klar freute ich mich meine Tochter endlich im Arm halten zu können, aber genauso groß war die Erleichterung darüber, dass ich es geschafft hatte und es vorbei war. Das zweite Mal stillte ich sie dann auf dem Bett des Geburtshauses und konnte sie richtig anschauen.
Nach 3 Stunden durften wir schon nach Hause
und ich stillte Hanna in unserem Bett weiter. Die ersten Tage waren entspannt und schön. Dieser kleine Mensch war einfach so zauberhaft. Ich fühlte mich schuldig, dass ich keine großartigen Glücksgefühle hatte. Das hatte Hanna nicht verdient… Sie trank sehr langsam und schlief immer dabei ein. Meine Hebamme riet mir sie zu motivieren. Füße massieren, Rippenbogen, Kinn… all das half nur wenige Sekunden. Sie schlief sehr viel – bestimmt so 20 Stunden und hing dabei dauernd an meiner Brust 24/7, meine Brustwarzen waren blutig und wund, trotz Lanolin. Trotzdem trank sie – Nuckel, nuckel, schluck, nuckel, nuckel, nuckel, schluck… Sie so nah bei mir zu haben war schön, aber ich war es auch einfach nicht gewohnt, mich nicht bewegen zu können. Gefesselt ans Bett, half ich mir mit dem Smartphone Kontakt nach Außen zu halten. Was ich im Nachhinein wirklich hätte lassen sollen. Ankommen musste ich erst lernen. Entschleunigen konnte ich nicht. Nervös und geschwächt hielt ich durch, meine eigene Mama als großes Vorbild und meinen Mann als besten Unterstützer, den ich mir vorstellen konnte. Er umsorgte und fütterte mich, schmiss den ganzen Laden… Gerne hätte ich ihn mehr bei uns gehabt, aber er hatte den Ansporn es allein zu schaffen, obwohl ich ihm immer wieder sagte, dass es nicht sein muss und dass wir uns Hilfe holen können. Seine Eltern wohnten nicht weit von uns. Im Nachhinein wäre das in dem Stadium aber auch nicht gut gegangen. Hinterher ist man immer schlauer. Meine Mama wohnt leider zu weit weg und konnte mich zeitweise nur telefonisch beraten. Schließlich bin ich selbst 2,5 Jahre gestillt worden und ich bin überzeugt, dass meine Mama mir damit den besten Start ermöglicht hat, den ich kriegen konnte.
Hanna wurde zunehmend unruhiger
und schrie viel und das vor allem beim Stillen. Rechts wollte sie fast garnicht trinken. Sie dockte an und direkt wieder ab, schrie und überstreckte sich. Es wurde besser nachdem wir anfingen sie abzuhalten. Beim Stillen konnte ich das jedoch aus körperlichen Gründen nicht tun. Ich war einfach zu schwach, hatte ich das Gefühl, dass sich meine Muskulatur komplett verabschiedet hatte. Mein Mann übernahm das Abhalten für die erste Zeit und er hat das großartig gemacht. Ich bin unendlich dankbar, dass er sich die ersten zwei Monate Elternzeit genommen hat, so konnte ich mich besser erholen. Trotz der Erleichterung durch das Abhalten, schrie Hanna immer mehr. Wir waren ratlos. Mein Mann kaufte Samstags abends noch einen Schnuller, das entlastete schon mal meine Brustwarzen. Uns fiel auf, dass Hanna ihren Kopf nicht nach links drehen konnte. Außerdem lag sie sehr schief, wenn sie auf dem Rücken lag. Wir machten uns Sorgen und wollten den Arzt Anfang der nächsten Woche bei der U3 darauf ansprechen.
Plötzlich bekam ich Fieber… ok, es war heiß, wir hatten September. Wir wußten nicht, was ich hatte, also ab mit dem Baby und mir ins Krankenhaus – es war Freitag Abend. Nach der Untersuchung stand fest, dass ich einen heftigen Milchstau hatte. Seltsam, ich hatte keinerlei Schmerzen, aber steinharte riesige Brüste, die ich erstmal entleeren musste. Das ganze Genuckel von Hanna hatte meine Produktion extrem angeregt, soviel trank sie niemals. Zusätzlich muss ich auch sagen, hat unsere Nachsorgehebamme den Fehler gemacht mir pauschal zu sagen, ich solle mal 1-2 Malzbier trinken ohne zu wissen, ob ich denn genug Milch habe, oder nicht… Auf den Rat habe ich natürlich gehört und wenige Stunden später hatte ich den Stau inkl. 40° Fieber. Ich wußte damals nicht, dass ich ein Malzbier nur angucken musste und meine Produktion stieg ins Unermessliche. Das darf man ja auch keinem erzählen…
Der Rat der Ärztin war auch sehr mau,
sie empfahl mir Hanna anzulegen, damit sie die Brust leer trinkt und sie extrem zu motivieren. Immer wieder die Seite wechseln, hatte sie mir empfohlen, damit Hanna wieder wach wird. Es fühlte sich nicht gut an, da ich die Integrität meiner Tochter beim Stillen nicht respektieren sollte. Ich war verunsichert. Später las ich es noch mal nach und war verärgert über den unfachmäßigen Rat dieser Ärztin. Abgesehen davon hätte Hanna niemals die 200ml Milch trinken können, die ich dann anschließend mit einer elektrischen Pumpe abgepumpt habe. Nunja, das war alles sehr chaotisch und wenig hilfreich für eine gute Stillbeziehung. Nach diesem Stillmästen hatte Hanna plötzlich ständig extremen Reflux… Ich machte mir Sorgen, dass dadurch ihr Magen Schaden genommen hatte. Zum Glück verschwand der Reflux nach ein paar Monaten wieder.
Nach diesem furchtbaren Wochenende
hatten wir die U3 und der Arzt stellte fest, dass Hanna womöglich das KISS-Sydrom hat. Er schickte uns zum Orthopäden. Wir nahmen Kontakt auf zu einer Praxis in Köln und bekamen auch prompt einen Termin. Die Ärztin war sehr nett und resolut. Sie bestätige den Verdacht und klärte uns auf. Die anschließende Behandlung war leider nicht schön, aber direkt danach merkte ich, dass Hanna an meiner rechten Brust plötzlich besser trank. Die Schieflage war auch zunächst verschwunden. Nun stillte ich erstmal weiter und hoffte das Beste.
Meine Rückbildung machte mir derweil zu schaffen. Es fühlte sich an, als ob Gewebe nach Außen drückt und ich konnte dadurch kaum laufen. Leider war unsere Hebamme auch nicht hilfreich, sie diagnostizierte eine mögliche Senkung der Blase oder Gebärmutter und ich sollte bis zum nächsten Arzttermin in 10 Tagen liegen. Hätte sie den PH-wert gemessen, dann wäre ihr aufgefallen, dass da was nicht stimmt. Die Ärztin stellte nach 10 Tagen eine heftige Infektion fest. Auch hier hatte ich keine Schmerzen, warum weiß ich nicht. Dafür hatte ich später dann umso heftigere Rückenschmerzen aufgrund dieser Geschichte. Ich hatte umsonst gelegen und meine Muskulatur wieder geschwächt. Die Ärztin verschrieb mir ungesehen antibiotische Vaginalzäpfchen. Dass ich allergisch auf sämtliche Antibiotika bin, stand in meiner Akte. Ich habe die Packungsbeilage leider nicht studiert, da ich auch hier auf die Ärztin vertraut habe. Eine heftige Reaktion nach drei Tagen war die Folge. Beinahe wäre ich wieder im Krankenhaus gelandet, aber zum Glück beruhigte sich mein Körper nach ein paar Stunden wieder.
Seit dem bin ich sehr skeptisch, was Ärzte und Hebammen angeht, obwohl unsere geburtsbegleitende Hebamme wirklich fantastische Arbeit geleistet hat! Es gibt leider auch Hebammen, die nicht gut sind in ihrem Job. Aber das ist ja überall so.
Nachdem wir die 5 Wochen
Reaktionszeit der örthopädischen Behandlung von Hanna abgewartet hatten, konnte sie ihren Kopf leider immer noch nicht richtig nach links drehen. Außerdem schrie sie so dermaßen beim Stillen, dass ich sie tagsüber nur im Stehen stillen konnte, nachts musste ich mich aufsetzen, da sie nicht auf der Seite liegend trinken konnte. Zum Glück klappte es dennoch nachts ganz gut, daher gab mir das Hoffnung auch wenn ich immer kurz davor war aufzugeben. Sie trank in kurzen Abständen von 1-1,5 Stunden, auch nachts. Ich machte trotzdem weiter. Mein Mann stand hinter mir und sorgte dafür, dass er mich in jeder freien Minute, die er hatte entlastete. Er kochte und schmiss den Haushalt, da ich durch die starken Rückenschmerzen nicht fähig dazu war mich zu bücken. Jeden zweiten Tag machte ich Übungen, damit ich mich wieder besser bewegen konnte, aber es dauerte lange, bis ich wieder einigermaßen fit war. Später stellte sich heraus, dass mein Schambein durch die Geburt verrutscht war und somit meine gesamte Statik im Rumpf gestört war. Ich kann nur jeder Frau empfehlen nach der Geburt mal zum Osteopathen zu gehen, das macht viel aus. Ich habe drei Behandlungen gebraucht, um einigermaßen schmerzfrei zu werden. Die größte Hilfe in der Zeit war aber der Tipp einer Freundin, die auch ein Kind mit KISS Syndrom hatte: Wir kauften uns eine Federwiege. Das war eine riesige Entlastung. Denn Hanna schlief nicht mehr beim Stillen ein wie die meisten Babies, sondern wir mussten sie in den Schlaf tragen. Oft wachte sie auf, wenn ich versuchte sie abzulegen und schrie wieder, obwohl sie grad geschlafen hatte. Es war wie ein Blitz, der in sie fuhr und sie weckte. Dadurch standen wir enorm unter Spannung. Mit der Federwiege wurde es viel leichter.
Da Hanna mit 10 Wochen immer noch Probleme hatte,
machten wir uns noch mal auf den Weg nach Köln zur Nachbehandlung. Es wurde eine Röntgenaufnahme gemacht und man konnte deutlich sehen, wie verschoben der Atlaswirbel war. Da wurde uns richtig bewußt, dass unsere arme Maus die ganze Zeit Schmerzen hatte. Der Auslöser ist bis heute unklar. Nach dieser Behandlung wurde es wieder etwas besser, aber eben nicht komplett. Sie schrie immer noch und als sie anfing sich zu drehen mit ca. 4 Monaten sahen wir, dass sie sich nur über Rechts drehte. Wir gingen mit ihr zur Osteopathin und nach zwei Behandlungen wurde es viel besser. Sie hatte nicht nur die Blockade im Halswirbel gehabt, sondern auch noch im Brustbein und im Schlüsselbein. Bis dahin war meine Stillzeit für mich ein gelebter Alptraum. Meine Tochter brauchte mich so sehr, aber weinte immer, wenn ich versuchte sie zu stillen. Es war ein einziger Kampf, jeden Tag aufs Neue und ich war müde vom vielen Stillen im Sitzen nachts. Der Rhythmus war konstant bei 1-2Stunden. Ich schlief beim Stillen nachts natürlich ein und knallte mit dem Kopf oft gegen die Bettkante, wovon ich dann auch wach wurde. Irgendwie habe ich das alles durchgestanden und mit ca. 5 Monaten wurde es besser. Sie fing an wieder einzuschlafen beim Stillen und unsere Stillbeziehung war dabei zu genesen. Ich hatte das Gefühl, dass wir unsere Mitte gefunden hatten, trotz des nächtlich schwierigen Arrangements, trotz des Stillens im abgeschotteten Kämmerlein bei wenig Licht, trotz der vielen Tränen, fühlte ich mich langsam besser. Hanna und ich haben gekämpft um unsere Stillbeziehung. Nun ist sie 9 Monate alt und ich kann sie seit 4 Wochen im Liegen stillen – es ist traumhaft.